Grüne Ideenfabrik 2017 – Gemeinwohl-Ökonomie

„Wollen wir warten, bis uns die Welt um die Ohren fliegt, oder wollen wir den Wandel selbst vorausschauend in die Hand nehmen?“ – so ließe sich die Alternative „Change by Design (or by Disaster?)“ (Ursula Tischner) frei wiedergeben. Ein Wandel wird kommen, so oder so – daran hat Christoph Leikam keinen Zweifel: „Wir leben in einer Zeit, die von vielfältigen und notwendigen ‚Wenden‘ geprägt ist, sei es die Energiewende, die Verkehrs- oder auch die Wirtschaftswende“, stellt der Sprecher des Ortsverbands Hilpoltstein von Bündnis 90/Die Grünen fest.

Denn eine Wirtschaftsweise, die ohne Rücksicht auf Mensch und Natur nur der Anhäufung von Geld in den Händen einiger weniger dient, wird über kurz oder lang gegen die Wand fahren. In dieser Zeit komme es darauf an, betont Leikam, klare Ideen zu entwickeln: „Wie wollen wir leben? Wo soll es hingehen? Und wie kommen wir realistischerweise dorthin?“ Dabei dürften wir, so Leikam, nicht darauf hoffen, dass Wirtschaftsvertreter, andere Länder oder andere politische Ebenen vorangehen, sondern wir müssen auch auf kommunaler Ebene anfangen, ausprobieren und entwickeln. Aus diesem Grund hat der vor ein paar Monaten gegründete Ortsverband die „Grüne Ideenfabrik Hilpoltstein“ ins Leben gerufen, um durch konkrete Ideen zur Gestaltung der Zukunft beizutragen.

Erste Referentin in der neuen Veranstaltungsreihe war kürzlich Andrea Behm vom Gemeinwohl-Ökonomie Bayern e.V., der seit einigen Jahren in Bayern aktiv ist. Die Rechtsanwältin und Campaignerin informierte über einen möglichen und sofort gangbaren Weg zur Transformation der Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen und sozialen Form. Der Begriff „Gemeinwohl-Ökonomie“ orientiert sich an Paragraph 151 der bayerischen Verfassung, wonach die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit an das Gemeinwohl gebunden ist. Es geht also um ein Wirtschaftsmodell, das den Menschen und die Umwelt wieder zum obersten Ziel des WIrtschaftens macht. Das Konzept liefert dabei keine theoretische Sollbeschreibung, sondern einen Plan, der sich konkret und lebbar als Alternative für Unternehmen unterschiedlicher Größe umsetzen lässt. Zentrales Instrument ist eine Form der Bilanzierung, die den Unternehmenserfolg nicht nur an finanziellen Ergebnissen misst, sondern auch Faktoren wie Arbeitsplatzqualität, soziale Gerechtigkeit, innerbetriebliche Demokratie oder ökologische Nachhaltigkeit bewertet. Erste Pilot-Unternehmen – so auch die Sparda-Bank in München – arbeiten schon mit Gemeinwohl-Bilanzen: ein überzeugender Beweis für die Zuhörerinnen und Zuhörer, dass die Umstellung bereits jetzt möglich ist.

Andrea Behm zeigte weiter auf, wie auf politischer Ebene, zum Beispiel durch steuerrechtliche Veränderungen, gemeinwohlorientierte Unternehmen gefördert werden können. Gerade Kommunen können sich als Gemeinwohlkommunen hervortun und durch gezielte Vergabe und ähnliche Maßnahmen gemeinnützige Ökonomie voranbringen.

In der abschließenden intensiven Diskussion des Publikums mit Andrea Behm wurden zwei Dinge betont. Die Unzufriedenheit mit dem derzeit vorherrschenden unfairen Wirtschaftssystem ist groß. Viele kleinere mittelständische Unternehmen stemmen sich dem entgegen und brauchen institutionelle Unterstützung. Und hier ist es die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie allemal wert, verbreitet zu werden. Denn sie skizziert einen planbaren Weg, vom unhaltbaren Jetzt hin zu ethischem Wirtschaften – keine starren Regeln, sondern eben einen Weg, weiterentwickelbar, verbesserungsbereit und ergebnisoffen.(Mehr Information zur Gemeinwohl-Ökonomie unter http://www.gwoe-bayern.org.)

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