Was passiert eigentlich mit unserem Müll?

Besuch des OV Hilpoltstein der Grünen in der Umladestation Pyras

Plastikflut und Müllvermeidung ist in aller Munde – aber wie sieht das eigentlich bei uns im Landkreis aus? Dieser Frage aktuell nachzugehen, traf sich der Ortsverband der Grünen Hilpoltstein mit der zuständigen Sachbearbeiterin im Landratsamt und einem Vertreter der Firma Hofmann zu einer Betriebsbesichtigung in der Umladestation und Kompostieranlage Pyras. Was wir erfuhren, war außerordentlich interessant, informativ – und ernüchternd.

Aber der Reihe nach: 

Grün- und Gartenabfälle aus dem Landkreis können kostenlos in Pyras oder bei den Sammelstationen abgegeben werden und werden ohne Energiezufuhr innerhalb von vier Wochen zu hochwertigem Kompost verarbeitet, der für wenig Geld wieder erworben werden kann. Lediglich die wachsende Menge Plastik, die durch unsaubere Trennung darin landet, macht Sorgen – sie findet sich dann in unserer Gartenerde wieder. 

Problematischer ist schon der Inhalt der Biotonnen, der leider so wenig sauber getrennt ankommt, dass er nicht kompostierbar ist. „Vor allem die vermeintlich biologisch abbaubaren Bioabfalltüten aus den Supermärkten bereiten uns große Probleme,“ sagt Frau Röttinger, die bereits seit über 15 Jahren im LRA Roth für den Müll zuständig ist. „Sie sind unter den Bedingungen unserer Anlage nicht recycelbar.“

Der Restmüll aus der schwarzen Tonne wird seit 1996 in eine Verbrennungsanlage gebracht, hier ist der Weg unseres Mülls klar nachvollziehbar und einleuchtend. Auch für eine ganze Reihe von Dingen wie Glühbirnen, alte Neonröhren, ausgediente Handys oder Batterien stehen in Pyras Behälter zur Verfügung, wo diese getrennt gesammelt und zum Recycling an spezialisierte Firmen weitergeleitet werden. Für Asbest und Dämmmaterial gibt es strenge Auflagen, die jeder nachlesen kann. So weit, so gut.

Dann kamen wir zu den Gelben Säcken. Hier interessierten uns vor allem Menge und der weitere Weg unseres Verpackungsmülls. Immerhin werden seit über zwei Jahrzehnten Anstrengungen unternommen, diesen damals bereits beunruhigend großen Anteil am Hausmüll zu reduzieren. Doch Herr Handel klärte uns nüchtern auf: „Die Menge der Gelben Säcke ist seit ihrer Einführung kontinuierlich gestiegen. Erst die Aktivitäten von ‚Fridays for future‘ in den letzten Monaten haben zu einer Stagnation geführt.“ Es bleibe abzuwarten, ob dies nur eine vorübergehende Änderung sei oder doch endlich der Beginn eines langfristigen Umdenkens?

Die Frage, warum sich seit der Einführung des allseits bekannten Grünen Punktes in den 1990er Jahren praktisch nichts verbessert hat, lässt sich mit der Funktionsweise des Dualen Systems Deutschland, kurz DSD, beantworten:

1996 wurden die Produzenten von Verpackungsmüll, also zum Beispiel Supermarktketten, später auch Online-Händler, gesetzlich verpflichtet, nach dem Verursacherprinzip ihren Müll wieder zurückzunehmen und ordentlich zu entsorgen bzw. zu recyceln. Mit dieser Aufgabe beauftragten sie Entsorgungsunternehmen wie z.B. den „Grünen Punkt“. Diese wiederum verkaufen bis heute den Produzenten Zertifikate pro anfallender Müllmenge. Damit ist die Verantwortung für den Müll von den Produzenten auf die Entsorger des DSD übertragen.

Die Firmen des DSD wiederum beauftragen bis heute quasi Subunternehmer wie die Firma Hofmann mit dem Einsammeln der Verpackungsabfälle, in unserem Fall mittels Gelber Säcke. Neben dem „Grünen Punkt“ gibt es mittlerweile sieben weitere Entsorger, die in harter Konkurrenz zueinander möglichst große Anteile des Müllbergs zu kaufen versuchen. So fahren täglich acht verschiedene Lastwägen der Entsorger in Pyras vor, um ihren jeweiligen Anteil an Verpackungsmüll (beim Grünen Punkt sind es zum Beispiel derzeit 30 %) abzuholen und zu jeweils eigenen Sortieranlagen in München, Hessen, Baden-Württemberg etc. zu fahren. Wider Erwarten hat also weder das Landratsamt noch Firma Hofmann Einfluss darauf, was mit dem Inhalt der Gelben Säcke weiter geschieht. Von staatlicher Seite ist lediglich seit dem 1. Januar 2019 eine Recyclingquote für Verpackungsmüll von 40 % vorgeschrieben – wozu aber auch Altglas und Papier zählen.

Auch der Ort, wo dieses Recycling stattfindet, ist gesetzlich nicht festgelegt. Und so ist es durchaus wahrscheinlich, dass auch Teile unseres Hausmülls in Malaysia oder auf den Malediven in Hinterhöfen, auf Feldern oder Gärten landen oder von Meeresbewohnern gefressen werden. Da bleibt eine große Frage offen: hat eigentlich in 26 Jahren des DSD niemand dessen Zweckerfüllung überprüft und angemahnt?

Übrigens entwickelt sich derzeit auch die Entsorgung von Elektroschrott in einem vergleichbaren System. Statt einem Zwang, die eigenen Geräte zurückzunehmen und dadurch dem Anreiz, diese recycelbar zu konstruieren, hat jeder Produzent lediglich für die Entsorgung seines prozentualen Marktanteils aufzukommen – durch eine pauschale Abgabe an ein Entsorgungsunternehmen.

 „Aufgrund dieses Dualen Systems haben die Erzeuger praktisch keinen Anreiz, Müll einzusparen – außer dem Image beim Kunden,“ kritisierte Herr Handel. Dieses Kundeninteresse hat immerhin dazu geführt, dass es bei Aldi nun auch loses Obst und Gemüse gibt oder dass Edeka Wurst und Käse auch in mitgebrachte Dosen abgibt – beides tolle Initiativen vor Ort, die wir Grünen sehr gern unterstützen. 

Eines steht fest: auch vor unser aller Haustür gibt es noch viel zu tun.

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